Es wird weiter gemordet

Dem Kapitel „Mord und Totschlag“ können wir nach weiteren Recherchen im Staatarchiv und im „Augustusburger Wochenblatt und Anzeiger“ mehr schreckliche Untaten hinzufügen. Hier ein früh dokumentierter Mord im Röthenbacher Wald.

Wir lesen: Am siebenden Monatstag Novembris des instehenden 1680 Jahres wurde in der Roddenbach eine tode Mannsperson aufgefunden. Da es Eppendorfer Flur war, wurde das dortige Gericht benachrichtigt. Der Amtsfron und andere Amtspersonen stellten fest, dass der Tote auf dem Gesicht lag und protokollierten:

Am Kopf 3 Wunden biß uff die Hirnschale, eine sich bey dem Schuß durch den leib, ingleichen unterm rechten arm, auch einen stich zur linken Seite wieder heraus und 3 Wunden im linken arm gehabet. Ingleichen ihm das rechte Ohr abgehauen, daß das Gehirn heraus gedrungen.

Die Identität von Opfer und Täter wurde offensichtlich nie geklärt, aber Kleidung und mitgeführte Gegenstände wurden akribisch aufgelistet:

Er war bekleidet mit einem schwarzen wollenen Hemde, einem mit grünen Tuch gefütterten Barchenden Wams, Pomphosen, ein bahr Schuhe, ohne Mantel und Huth. An der Seite ein echt Täschlein, umgestülpt, aber noch einige Pfennige und Gröschlein. Im Ärmel ein ledern Beutel mit 2 Ellen roter Posamentborde. Vermutlich eine Niederfremdige Person mit einem bräunlichen Bärtlein. Er wurde bereits am 8. November auf dem Friedhof zur Erde bestattet.

(Dieses Protokoll ist übrigens ein schöner Beleg dafür, dass man im 17. Jahrhundert noch weit von einer einheitlichen Rechtschreibung enfernt war, ganz zu schweigen von einer „Reform“.)

Vor der Beerdigung nahm der Amtsvoigt dem Opfer den rechten Daumen als „Leibzeichen“ ab. Er wurde in der Kirche zu Eppendorf hinterlegt. Interessant wäre zu wissen, was danach damit geschah, ist er entsorgt worden, oder wird er womöglich als Relique aufbewahrt? Nun, uns Borstendorfer geht das ja nichts an.

Die folgende Zeitungsmeldung aus dem Jahre 1887 aber schon: Wie wir kurz vor Schluss de Blattes erfahren, ist am Sonntag Abend in Borstendorf ein junger Mann von einem anderen jungen Mann mittels Messer in den Hals gestochen und hierdurch sofort getödtet worden. Der That soll eine unbedeutende Differenz bei der Tanzmusik vorausgegangen sein. Als Thäter wird ein böhmischer Arbeiter bezeichnet.

Etwa 50 Jahre später entwickelte sich in unserem Heimatort eine Tragödie, die fast mit einem Mord geendet hätte. Das Geschehen spielte sich zwischen dem 78jährigen Johann Friedrich Hiekel und seiner 76jährigen Ehefrau ab. Das Ehepaar hatte 22 Jahre harmonisch zusammengelebt, als ein dramatisches Ereignis den Ehemann vollkommen veränderte. Er wurde bei einem Einbruch überfallen und schwer mißhandelt. Offensichtlich als Folgen der Mißhandlungen wurde er grob gegen seine Ehefrau und griff sie mehrfach tätlich an. Dann wurde er plötzlich von dem Wahn befallen, dass es seine Frau mit der Treue nicht genau nähme. So musste er eines Tages in das Bezirksstift Augustusburg eingeliefert werden. Das „Augustusburger Wochenblatt“ berichtet am 11.10. 1938:

Die Unrast plagte ihn weiter, und eines Sonntags,am 7. August, erschien er plötzlich in Borstendorf im Haus seiner Frau unter dem Vorwand, sich einen Anzug holen zu wollen. Als seine Frau öffnete, stieß er sie in die Stube, und als schließlich der Hauswirt zu Hilfe kam, erhielt dieser von Hiekel einen Stich mit dem Taschenmesser in die Schulter, so daß er fast drei Wochen im Krankenhaus verbringen mußte und in Lebensgefahr schwebte.

Zur Verhandlung vor dem Landgericht Chemnitz erklärte ein medizinischer Sachverständiger Hiekel für nicht zurechnungsfähig. Deshalb ordnete die große Strafkammer für Hiekel die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt an.

Zum Schluss soll noch einmal das Gericht bemüht werden, Nun aber nicht mehr wegen Mord und Totschlag. Im Jahre 1885 erschien im Wochenblatt die folgende Aufforderung: Die ermittelte erkannte Person, welche am Dienstag, den 13. ds. Mts. Nachmittags durch meinem Gehöfte ging und dann abends mir meine Wäsche von der Leine entwendete, wird hiermit ersucht, selbige unverzüglich an Unterzeichneten abzuführen, andernfalls ich gerichtliche Anzeige erstatte. Gut Nr. 7, Borstendorf

Bernd Köhler, Dieter Fritzsche, Dietmar Ender

Quelle: Staatsarchiv, Augustusburger Wochenblatt und Anzeiger